Scheiße im Kopf


Nur morgens, wenn ich unter der Dusche bin, gleich nach dem Aufstehen, ist mein Kopf noch nicht voll Scheiße. Ich lasse mich volllaufen mit Wasser, setze mich unten auf den Boden und denke an rein gar nichts. Das Wasser läuft, das Rauschen beruhigt, die Tropfen an den Scheiben, die mal langsam, mal schneller das Glas herunterlaufen, versetzen mich in einen Zustand absoluter Leere. Mein Gott, ist das gut.

Wenn ich krank bin, dann ist mein Kopf auch nicht voller Scheiße. Wenn ich eine heftige Grippe habe, und das einzige, was ich tun kann, ist mich von einer Seite des Bettes auf die andere zu drehen, dann ist die Welt ein bisschen leiser. Dann irgendwann, wenn es wieder etwas geht, richte ich mich auf, um etwas zu trinken. Ein paar Tage später schaffe ich es gerade, meinen tauben Körper vor den Fernseher zu schleifen. Es ist furchtbar, da läuft ja auch nur Scheiße, aber diese Scheiße lenkt ab. Salesch (gibt es die noch?), Teenie-Mütter – wenn Kinder Kinder kriegen, die Trovatos oder wie das heißt, interessiert ja auch keinen und so weiter und sofort (Familienduell soll doch wieder neu aufgelegt werden). Mein Körper bewegt sich nur noch in Zeitlupe, mein Geist ist quasi tot. Und dann hatte ich mal Bauchschmerzen, weil ich blut geschissen habe. Tagelang Schmerzen. Das zermürbt einen. Aber mein Gott, dann willst du nichts mehr auf der Welt, als einfach nur noch gesund zu werden. Alles andere ist belanglos. Mein Gott, ist das gut.

Und wenn du traurig bist. Dann wird alles ganz ruhig. Keine Ahnung, wenn man von Menschen maßlos enttäuscht ist oder ein Traum ganz kurz bevor er fast schon Realität wird, zerplatzt. Dann wird alles andere ganz leise, und man denkt nur noch, scheiße, ist das alles scheiße. Aber alles andere ist weg. Das ist schön.

Eines Tages kam mir also diese Idee. Ich würde jeden Tag, morgens direkt nach dem Aufstehen, stundenlang duschen, dann würde ich versuchen (im Winter auf jeden Fall), nur noch draußen im T-Shirt rumzurennen (vielleicht würde ich auch öfters meine Neffen besuchen, die sind immer krank, Grippe, Scharlach, Handmundklauenseuche oder wie das heißt) und ich würde jedem meiner Freunde sagen, was für ein Arschloch er ist, damit sie mich alle hängenlassen und ich richtig traurig werde. Dann würde ich niemals mehr Scheiße im Kopf haben.

Nach zwei Monaten war meine Wasserrechnung in die Höhe geschnellt, niemand mehr wollte ein Wort mit mir reden und ich bekam eine erstklassige Lungenentzündung, weil ich bei minus dreizehn Grad im T-Shirt mit dem Fahrrad in die Stadt gefahren bin.

Einen Monat später lag ich im Sterben. In meinem Bett im Krankenhaus war es schön warm und alle kümmerten sich um mich.

Als ich tot war, habe ich nur gedacht, o mein Gott, wie ist das schön.

Mein Kopf ist leer, die Scheiße ist weg.