Es gestaltet sich als äußerst schwierig, einen passenden Hausstock zu finden. Der Hausstock sucht sich den Wanderer, nicht anders herum (Garrick Ollivander). Was sich im ersten Moment etwas wohlfeil anhören mag, gestaltet sich bei fortwährender Benutzung jedoch als nur allzu logisch.
Mein erster Hausstock fand den Weg zu mir, als ich ihn am dringendsten benötigte. Ich war ausgelaugt, überfordert von der Realität und kraftlos. Am Rande eines Trampelpfads in der Nähe des Feldes, das meiner damaligen Heimat am nächsten lag, entdeckte ich zufällig diesen Stock. Ich hob ihn auf und nahm ihn in die Hand. Ich wusste sofort – das ist er. Mein Hausstock. Er war genau richtig lang, breit, schwer und stabil. Von da an nutzte ich ihn als Wanderstock, Sprunghilfe oder verlängerten Arm (das kann beim ernten so mancher Frucht von großem Nutzen sein). So manches Mal hat er mich über Stock und Stein getragen und mich vor schwerwiegenden Verletzungen bewahrt. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass ein Hausstock ein Stück deiner Seele ergreift*, und das ist auch gut so.
Für meinen Teil jedenfalls, muss ich sagen, hat mir mein erster Hausstock mein Trübsal ein ganzes Stück weniger trübselig gezaubert.
Natürlich kann bei fernen und gefährlichen Reisen ein Hausstock auch einmal zerstört werden. Dann legt man die verbliebenen zwei Teile an einen besonderen Ort und gibt sie der Natur zurück. Zur rechten Zeit ist ein neuer Hausstock in mein Leben getreten.
Nun also finde den Stock. Deinen Hausstock. Und lass dich darauf ein, dass dieses scheinbar unbedeutende Stück Holz dein Leben bereichert. Verzaubert. Sei offen, sonst geht es nicht.
Wenn du einen gefunden hast, am Wegesrand, im Wald, manchmal hakt auch einer zwischen den Bäumen oder wo auch immer, dann untersuche ihn auf spitze Stellen. Denn natürlich bedarf es auch ein gewisses Maß an handwerklichem Geschick, damit der Hausstock die Bedeutung bekommt, die ihm gebührt.
Sollte es an passendem Werkzeug in der Hauswerkstatt mangeln, so kann ich nur folgendes sagen: ein vernünftiger Feldstein am Wegesrand ist für so manches geeignet. Für den Hausstock heißt das, dass man die spitzen Stellen einfach ein diesem Feldstein abraspelt.
Wenn der Stock gut in den Händen liegt, kann es losgehen.
* In besonderen Zeiten kann ein Hausstock sogar besondere Fähigkeiten entwickeln. Es geschah folgendermaßen:
Der Wald war immer da. Doch nun war seine Existenz bedroht. Von Menschen. Sie wollten ihn roden. Das geht so nicht. Ich nahm also meinen Hausstock und opferte ihn dem Wald. Dafür suchte ich mir einen besonders prächtig gewachsenen Baum – einen Zwiesel – und schlug den Stock ein. In dem Moment erklangen Kirchenglocken, und ich wusste, der Wald bleibt stehen.
Er steht bis heute.